Die mythologische Betrachtung Chirons
verhilft uns zu einem besseren Verständnis seiner astrologischen
Bedeutung.
Zunächst muss seine Zurückweisung
berücksichtigt werden. Dies erfährt Chiron im Mythos schon bei
seiner Geburt, da er wegen seines Aussehens (Pferdekörper) von
seiner Mutter abgelehnt und verstoßen wurde. Der Mythos beschreibt,
wie er seinen körperlichen Makel verdrängt und zu großer Weisheit
gelangt. Doch durch den Pfeil des Herakles wird Chiron gezwungen,
sich gerade mit diesem abgespaltenen Teil seines Selbst schmerzlich
auseinander zu setzen und musste akzeptieren, für sich selbst kein
Heilmittel zu finden. Die Wunden und Verletzungen, die wir im Leben
erfahren, werden uns keineswegs immer absichtlich zugefügt und
lassen sich offensichtlich nicht vermeiden; jeder von uns hat
Schwachstellen uns ist verwundbar. Der Mythos beschreibt also, dass
weder die Verdrängung der Wunde (der Verletzung), noch die intensive
Beschäftigung damit eine Heilung bringen.
Chiron erwarb sich den Ruf eines
großen Heilers und Lehrers. Diese Fähigkeiten erwarb es sich
aufgrund seiner Erfahrungen, seiner überstandenen Prüfungen und
überwundenen Hindernissen. Erfahrungen und Prüfungen, die wir selbst
durchgestanden und erlitten haben, verleihen uns die Fähigkeit,
anderen Menschen mit ähnlichen Problemen zu helfen. Die Stellung
Chiron im Horoskop weist auf den Bereich, den wir als ´wunde Punkte´
und Unzulänglichkeiten erfahren. Sie beschreibt aber auch die größte
Gelegenheit, eben diese Handicaps zu überwinden, wenn wir ihrer
bewusst sind und sie akzeptiert haben und hier können wir ein großes
heilsames Potential entwickeln.
Ein weiteres Schlüsselwort für Chiron
ist Einzelgänger: Zane B. Stein verwendet den Ausdruck ´Maverick´.
Dieser Ausdruck beruht auf dem Namen eines amerikanischen
Viehzüchters, der sich den Normen seiner Gruppe nicht unterordnete
(z.B. markierte er sein Vieh nicht mit einem Brandzeichen). Diese
Beschreibung beschreibt also einen unabhängigen Menschen, der nicht
bereit ist, sich bestehenden Gruppen anzuschließen, allgemeingültige
Werte zu übernehmen, sondern sich von gesellschaftlichen
Vorstellungen distanziert.
Im Radix symbolisiert Chiron auch
unser Andersein, das uns mitunter sehr schmerzlich bewusst werden
kann. Wenn wir uns nun in unser Leid vergraben, besteht die Gefahr,
uns zu isolieren und zu Einzelgänger zu werden. Daher ist es
wichtig, unseren eigenen Erkenntnissen eine Richtung zu geben und
sowohl unsere Erfahrungen, als auch unser Mitempfinden, anderen
Menschen zu vermitteln. So können wir zu einem inneren Wachstum
gelangen und unsere abgespaltenen Teile zu integrieren.
Die Umlaufbahn Chirons verläuft
zwischen Saturn und Uranus. Deshalb wird er auch als Brücke oder
Vermittler zwischen der Welt des Eingebundenseins in feste Formen
(Saturn) und der geistigen Welt, dem Wunsch nach Freiheit und
Unabhängigkeit (Uranus) bezeichnet. Das astrologische Symbol zeigt
Chiron als Schlüssel und diesem ist es möglich, ein Tor in die
saturnischen Grenzen aufzuschließen. Nach Zane B. Stein erlaubt
Chiron uns, durch diese Öffnung in die uranische Welt
einzutreten, auf dass wir entdecken können, was wir zur Heilung und
Vervollkommnung brauchen, ohne dabei aber gleichzeitig den Schutz
von Saturn abrupt zu verlieren. Damit ist es möglich, die
saturnischen und uranischen Gegensätze zu verbinden, weil die
uranische Eigenschaften eine konkrete Form finden und unsere Grenzen
zu verschieben.
Deshalb wird auch der Halbsumme von
Saturn und Uranus Beachtung geschenkt. Hier kommt die Wechselwirkung
dieser Planeten am stärksten zum Ausdruck und Chiron hat Teil an den
Energien beider Prinzipien. Diese Halbsumme ist sehr empfänglich für
die Transite Chirons.
|